Brachte man vor ein paar Jahren die Begriffe „Elektro“ und „Rollstuhl“ zusammen, landete man beim Elektrorollstuhl. Heute ist die Elektromobilität für Rollstuhlfahrer vielfältiger. Mittlerweile gibt es zahlreiche Hersteller von Zuggeräten und E-Handbikes. Die Geräte sehen oft cool aus und bieten dem Nutzer eine ganze Reihe Vorteile (je nach Ausführung):
- Das Zuggerät kann im PKW verladen werden.
- Das Zuggerät (mit großem Rad) ist recht geländegängig.
- Der Aktivrollstuhl bleibt mit abgekoppeltem Zuggerät klein und wendig.
- Mit dem Aktivrollstuhl sind Barrieren teilweise überwindbar.
- Der Nutzer bleibt durch die aktive Bewegung besser in Form.
- Das Fahren macht irre Spaß.
Ein Zuggerät gibt dir eine gehörige Portion Freiheit zurück. Wenn du mit deiner Familie, deinen Freunden oder ganz für dich durch die Lande radelst, dir den Wind um die Nase wehen lässt, spürst du ein fantastisches „Lange-vermisst-Gefühl“. Herrlich sowas!
Viele Zuggeräte sehen schnittig aus und die erste Frage ist oft, „Wie schnell kann das fahren?“ Diese Frage umreißt ein heikles Thema. Es dreht sich nicht so sehr um die Frage „Wie schnell kann …“, sondern vielmehr um „Wie schnell darf …„.
Eine Grauzone gibt es nicht
Einige Hersteller – und wohl auch Nutzer – sprechen von einer Grauzone und verfallen ins Eigentlich. „Eigentlich ja nur 6 km/h, fährt aber 15 km/h oder 25 km/h …“
Grauzone suggeriert, dass irgendetwas irgendwie nicht ganz geregelt ist. Stimmt aber nicht. Eine Grauzone gibt es nicht!
In Deutschland besteht Versicherungspflicht für Fahrzeuge (auch Krankenfahrstühle), deren Geschwindigkeit mehr als 6 km/h beträgt. Bis 6 km/h bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit wird ein Schaden von der Haftpflichtversicherung des Halters übernommen. Geräte, die zwischen 6 und 14 km/h schnell sind, benötigen ein Versicherungskennzeichen.
Die Grundlage für die Versicherung und für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr ist eine Betriebserlaubnis für das Gerät. Diese stellt, häufig als Einzelbetriebserlaubnis, der TÜV aus. Zur Erteilung einer solchen Betriebserlaubnis sind bestimmte Ausstattungsmerkmale nötig, z. B. Beleuchtung, Bremsen, Kennzeichenhalter, rotes Dreieck …
Kein Zuggerät ohne Betriebserlaubnis
Wer sich für ein Zuggerät entscheidet und schneller als 6 km/h unterwegs sein möchte, sollte abklären, ob der Hersteller eine Betriebserlaubnis bieten kann. (Ein Zuggerät mit 6 km/h sieht mehr nach Betriebsstörung als nach Fortbewegung aus.)
Manche Hersteller liefern Geräte jenseits der 6 km/h ohne Betriebserlaubnis aus und lassen sich vom Kunden unterschreiben, dass das Zuggerät nur auf Privatgelände benutzt werden darf. Dieser Kniff mag die Hersteller vielleicht juristisch absichern, für den Nutzer ist eine solche Praxis (sorry) kompletter Mumpitz!
Gerät | Geschwindigkeit (BbH) bis | Zulassung | Betriebserlaubnis | Versicherung |
---|---|---|---|---|
Rollstuhl-Zuggerät oder E-Rolli | 6 km/h | nein | nein | Versicherung über private Haftpflicht |
Rollstuhl-Zuggerät oder E-Rolli | 15 km/h | nein | ja (TÜV) | Versicherungs-kennzeichen |
Hybrid-Handbike als Pedelec (Pedal Electric Cycle) | Unterstützung beim Treten bis maximal 25 km/h, ggf. Anfahrhilfe bis 6 km/h | nein | nein | Versicherung über private Haftpflicht |
Abgesehen davon, dass Nutzer ohne Versicherungsschutz unterwegs sind, bedeutet das fehlende Kennzeichen nicht bloß eine Ordnungswidrigkeit, sondern wird als Straftat eingestuft. Das kann teuer werden! Lass dir nicht erzählen, dass man Rollstuhlfahrer nicht anhält oder ein Schadensfall gänzlich abwegig ist. Elektromobilität heute ist keineswegs eine exotische Spezies mehr, sondern sehr populär.
Krankenkasse löhnt für die Versicherung
Werden übrigens gute Gründe angeführt, bewilligen Krankenkassen bisweilen die Ausstattung des Zuggeräts mit einer Geschwindigkeit von über 6 km/h. In solchen Fällen kommt die Krankenkasse auch für die Versicherungskosten auf.
Nun bin ich kein Rollstuhl-Historiker aber lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, Hybrid-Handbikes und Zuggeräte haben die Fortbewegung für Rollifahrer revolutioniert? Mehr als 1.000 km habe ich mittlerweile kreuz und quer durch Rheinhessen zurückgelegt. Mit dem Zuggerät habe ich meine Umgebung neu entdeckt und endlich wieder Natur geatmet.
Mein Tipp: Informiere dich vor der Entscheidung für ein Zuggerät beim Hersteller nach der Erteilung einer Einzelbetriebserlaubnis durch den TÜV. Lass die Abnahme zur Erlangung der Einzelbetriebserlaubnis vom Hersteller durchführen, du selbst wirst kaum in der Lage dazu sein.
Links zum Thema:
Hallo. Hast du dein Wheel-E über die Kasse bezahlt bekommen? Wenn ja, mit welcher Ausstattung? Bin auch gerade dabei mir eins anzuschaffen und dankbar über Tipps für Begründung etc. Danke
Hi Kito,
meine Antwort kommt etwas spät aber vielleicht hilft sie dir noch. (sorry)
Ja, ich habe mein Wheel-e über die Kasse bekommen – in Vollausstattung.
Als Tipps für die Begründung (ggf. Widerspruch) siehe eine ähnliche Antwortunter dem Artikel.
Viel Erfolg und Gruß
http://www.handicaptain.de/wheel_e/
Wo gibt es ein Zuggerät das nur 6km/h läuft?
Wo bekomme ich ein Zuggerät das nur 6 km läuft?
Vielleicht liest wer Deine Frage: Ich habe die 6-KM Version des Swisstracs und für mich käme kein anderes Gerät in Frage, denn beim Wandern auf Naturwegen ist er unschlagbar. Hat man mal den Chauffeur eines dieser ach so schnellen einrädrigen Dinger dabei, nimmt die Auswahl der möglichen Wege ab, denn die kommen trotz Radstandsverlängerung (die ich nicht brauche) sehr oft nicht hoch. Auch als Transportmedium sind die mir bekannten Einrädrigen ziemlich Mist, da ist nichts mit einem Sack Blumenerde, oder beim Camping 10l Wasser, oder den Bierkasten, aufladen – mit dem Swisstrac kein Problem. Und ich komme auch sehr hohe Bordsteine hoch, kenne eigentlich keinen, an dem ich gescheitert wäre.
Ein schöner Artikel, der Lust macht so etwas auszuprobieren. Ich kenne auch einige Leute, die sehr begeistert von ihren Rollizuggeräten sind. In einem Fall hat die Krankenkasse im Gegenzug für die Bewilligung eines Zuschusses bestimmt, dass der Betroffene eine Zeit lang keine E-Rollstuhl-Versorgung bekommt. War das bei Dir auch so?
Hallo Jochen, ja das war bei mir auch so. Die Krankenkasse sieht in einer Versorgung mit E-Rollstuhl und Zuggerät eine Doppelversorgung.
Hallo Christof,
wie steht es mit dem Transport des Wheel-e beim Fliegen? Hast Du da Erfahrung oder gibt es Leute mit Erfahrung?
Hallo Marion,
ich habe das Wheel-e bisher nicht mit ins Flugzeug genommen und somit keine Erfahrung damit. Ich kann mir aber vorstellen, dass es wegen der großen Akkus nicht ohne weiteres möglich sein wird.
Moin! Ich hab den e-Pilot von alber und wurde heute tatsächlich von der Polizei angehalten. Das Drumherum erspare ich mir jetzt mal 😅 Rücklicht habe ich bereits an einem der Griffe montiert. Kennzeichen wollte ich mit einer Kennzeichenhalterung (evtl. auch mit Reflektor) befestigen.
Meine Frage: benötige ich ein Reflektor Dreieck oder kann ich auch einfach rote, reflektierende Streifen an die Rückenlehne des Rollis kleben?
Beste Grüße
Daniela
Moin Daniela,
du bist wirklich angehalten worden? Na, wenigstens durftest du weiterfahren 😉. Eine Versicherung wirkt immer nur mit einer gültigen Betriebserlaubnis für das Zuggerät, bzw. für das Gespann. Wenn eine solche Betriebserlaubnis vorliegt, müsste aus meiner Sicht Alber Vorgaben machen, was am Rolli anzubringen ist.
Ich glaube das Dreieck ist TÜV-seitig vorgeschriebene, bin mir aber nicht sicher.
Liebe Grüße
Christof
Ja, ich hab mich ganz gegen meine Natur dumm gestellt und da die auch nicht wirklich was über das Gerät wussten, war das von Vorteil. Unter dem Akku ist ein Aufkleber, auf dem steht Höchstgeschwindigkeit 6km/h und da sie ja nicht gemessen, nur geschätzt hatten, durfte ich weiter fahren 😅 (O-Ton: Ganz schön schnelle 6km/h) Beim Sicherheitspaket von Alber ist nun auch kein Dreieck mehr, nur noch flächig verklebte Reflektoren dran. 200 € dafür ist mir etwas teuer, das kann man doch selbst herstellen 🤔🤨😄
wollten sie von dir die Betriebserlaubnis UND Versicherungsschein sehen oder nur eines von beiden?
warst du auf der straße unterwegs oder auf dem Radweg/Gehweg?
und wie schnell fährt deines?
Meinen Gruß vorweg.
Danke für deine Ausführungen. Ich komme aus Österreich und bin selbst ein Rollifahrer.
Ich habe vorerst nur eine Frage.
Wird aus einem Greifreifenrolli durch das Andocken eines elektronischen Zuggerätes (Swisstrack oder Triride) aus dem Greifreifenrolli ein ELEKTROROLLI?
Oder bleiben rechtlich diese 2 Einheiten eigenständige Sachen und werden bloß gemeinsam benützt, wobei versicherungsrechtlich jedes Einzelteil für sich alleine zu beurteilen ist?
Danke für deine Antwort
Markus Waldsam
Hey Markus,
ob ein manueller Rollstuhl durch das Ankoppeln eines Zuggerätes rechtlich zu einem Elektrorollstuhl wird, kann ich nicht genau sagen.
Bei mir ist es so, dass das Zuggerät mit dem Rollstuhl als Gespann gilt und auch so versichert ist. Eine Haftpflichtversicherung für einen manuellen Rolli ergibt aus meiner Sicht keinen Sinn. Ebenso ist ein Zuggerät ohne Rolli nicht wirklich fahrtüchtig.
Gruß Christof
Hallo Dr. Waldsam, die Antriebseinheit alleine stellt kein eigenständiges Kraftfahrzeug dar. Nur die Einheit aus der Antriebseinheit des Zuggerätes und dem Rollstuhl entspricht dem in der Betriebserlaubnis genehmigten Krankenfahrstuhl (falls vorhanden, bis 6 km/h ist keine BE nötig). Gruß Ina
Hallo Markus,
wie das in Österreich ist, weiß ich nicht. In Deutschland existiert für Fahrzeuge, deren Höchstgeschwindigkeit unter 10 km/h liegt, keine Versicherungspflicht. Der Swt1 fährt 6 km/h. Das ist nicht besonders schnell, dafür kommt er aber sehr gut mit schlechten Wegen und Steigungen zurecht. Meiner hat mich heute morgen wieder drei Stunden durch einsame Waldwege gezogen.
Viele Grüße
Eva
Moin! Mir wurde bei der Versicherung (ADAC, deutsches Mofa-Kennzeichen) gesagt, dass der Rolli bei Diebstahl nur mit versichert ist, wenn Zuggerät und Rolli miteinander verbunden sind. Das funktioniert nur, wenn man etwas umständlich absteigt, weil man zwischen Rolli und Lenker nicht wirklich viel Platz hat. Ich hab noch so viel Rest-Gehfähigkeit, das ich dies bewerkstelligen kann. Das sind womöglich aber versicherungsabhängige Feinheiten, die mit der jeweiligen Versicherung deiner Wahl geklärt werden muss. Vielleicht ist es ja auch ausreichend, wenn das Gespann zwar abgekoppelt, jedoch mit nur einem Schloss mit so nem langen Drahtseil miteinander verbunden ist. Wie gesagt, am Besten bei der Versicherung klären.
Hallo, ich heiße Ilona ,sitze auch im Rollstuhl. habe ein Zuggerät von Triride. Seit gestern gibt das Gerät beim Einschalten Gas, obwohl ich den Gashebel nicht betätige, was kann das sein ? Danke
Ich glaube, für derartig technische Anfragen ist die Kommentarfunktion wenig geeignet, insbesondere da Christof das Gerät selber gar nicht besitzt. Bei so etwas am Besten das Sanitätshaus Deines Vertrauens anrufen 😉
Christian,
danke für die Antwort. Ist mir durch die Lappen gegangen, hätte ich genau so formuliert. 😀
Hi Christof,
Ich hab mir auch das Wheel-e in der 24 km/h Version gegönnt. Die betriebserlaubnis will pro-activ aber nur in Kombination mit einem pro-activ rollstuhl ausstellen. Ich hab aber einen küschall champion. Kann ich mir auch darauf eine Erlaubnis ausstellen lassen oder geht das nur in Kombination mit einem Pro-activ rollstuhl?
vielen Dank für die Hilfe!
Hi Frank,
ja, bei PRO-ACTIV gibt es eine Betriebserlaubnis nur als Gespann mit dem Rolli. Ich weiß gar nicht, wie Hersteller, die gar keine Rollis bauen, das praktizieren. Muss ja irgendwie gehen.
Du könntest versuchen, eine BE über den TÜV (o.Ä.) selbst zu bekommen. Ich würde dazu ggf. bei Küschall anfragen, was die zum Thema Zuggerät sagen. Die haben sich vielleicht schon damit befasst und irgendwelche Grenzen (Geschwindigkeit, Kräfte, …) definiert. Dann würde ich einfach mal bei einer TÜV-Niederlassung nachfragen. Keine Ahnung, ob das geht und wie teuer das wird. Ich finde es ohnehin kritisch, dass PRO-ACTIV die Geräte mit einer Geschwindigkeit über 6 km/h ohne BE vertreibt.
Vielen Dank für Deine schnelle Antwort. Ich musste als Tetra extrem für das Wheel-e kämpfen aber ein anderes wollte ich nicht! Nun habe ich es seit gestern… geiles Teil! Dazu habe ich mir die Straponwheelz verordnen lassen. Die sind noch mal etwas fetter als der Fat-Tyre von Pro-Activ. Batman wäre neidisch! *lol*
Du sagst Du hast es in Vollausstattung bekommen. Du musst es doch auch in schneller als 6 km/h haben oder? Hast Du nicht eine TÜV Abnahme oder fährst Du tatsächlich nur abseits der StVo?
Danke Dir
Hi Frank,
gratuliere zu deinem neuen Gefährten! Das wird dein Leben echt bereichern. Ich habe meines im Sommer schon 7 Jahre.
Ja, ich bin schneller als 6 km/h unterwegs. Ich habe eine Betriebserlaubnis bekommen, weil ich einen Pro-Activ Rollstuhl habe.
Die Abnahme ist damals über Pro-Activ gelaufen. Ich weiß, dass viele abseits der StVo unterwegs sind – zumindest wenn keine Streife unterwegs ist.
Ich habe einen großen Reflektor hinten. Sieht zwar ohne besser aus, aber wenn du auf der Straße unterwegs bist, wirst du auf Rolli-Höhe vielleicht schnell übersehen.
Das ist wahr. Sicherheit sollte immer vor Optik gehen. Was musst du denn alles an deinem Rollstuhl dran haben für eine Betriebserlaubnis? Seitenspiegel, Blinker, Reflektoren und elektrisches Licht? Hast du über Akku die Beleuchtung oder über Dynamo etc?
Ich habe nur Licht über den Akku und hinten eine Halterung mit rotem Reflektor-Dreieck, Beleuchtung und Kennzeichen-Halter. Das ganze Teil kann ich einfach anstecken. Auf einem Foto in diesem Artikel sieht du das (künstlerisch Aufgearbeitet 😀) Frag doch mal bei Pro-Activ nach, ob die dir Infos geben können, damit du das mit der BE selbst in die Wege leiten kannst. Die wissen ja, welche technischen Daten der TÜV braucht. Da geht ja auch um Kräfte und Festigkeiten. Die könnten doch einfach beschreiben, welche technischen Voraussetzungen der angehängte Rollstuhl erfüllen muss.