Wer maritimes Flair erleben möchte, sollte seiner muckeligen, sanft hin und her wiegenden Koje bereits am frühen Morgen Lebewohl sagen und sich auf Deck einfinden. Spätestens vor der Einfahrt in den nächsten Hafen ist der ambitionierte Captain auf seinem Posten. Nun, nach dem gestrigen White Wine im Restaurant und einigen Aperol Spitzern an der Ocean-Bar fühlt sich die noch einigermaßen frische Brise um die Nase gar nicht verkehrt an.
Einfahrt in den Hafen Khalifa Bin Salman, Manama
Für maritime Lerchen gibt es Kaffee und Croissants schon ab 6 Uhr. Da könnte man sich glatt noch mal hinlegen nachdem die besten Fotos gemacht sind. Doch auch heute wartet wieder ein abwechslungsreicher Tag auf seinen Start und Bahrain auf seine Entdeckung.
Kaffee und Frühstückssnacks gibt es ab 6 Uhr.
Im Khalifa-Bin-Salman-Hafengelände verkehren Shuttle-Busse, die die Kreuzfahrer in einer 45-minütigen Fahrt meist zur Bahrain City Centre Mall bringen. Taxis dürfen das Hafengelände nicht befahren, Fußgängern ist es untersagt sich dort zu bewegen. Schön blöd, wenn du in keinen Bus kommst.
Gestern schon hatte mit uns noch ein anderes Rollstuhl-Pärchen rebelliert, als uns AIDA erklärte, dass man da wohl nichts machen könne. Es ist mir ein Rätsel, warum es hier scheinbar keine Lösung gibt, obwohl AIDA-Schiffe Manama seit Jahren anfahren.
Heute morgen stehen wir mit Bettina und Norbert, zwei patenten rheinischen Frohnaturen demonstrativ vor dem Schiff und pochen darauf, zu einem Taxi außerhalb des Hafengeländes gebracht zu werden. Ohne viel Gewese erklärt sich schließlich der freundliche Shuttle-Bus-Unternehmer selbst dazu bereit und bringt uns mit seiner luxuriösen S-Klasse zu einem wartenden Taxi vor dem Hafen. Nicht nur das. Er erklärt uns, alle Kosten für unseren Ausflug seien beglichen und wünscht uns einen angenehmen Aufenthalt. Als wir uns freudig überrascht bedanken, neigt er sein Haupt würdevoll und entgegnet lächelnd „Welcome to Bahrain“.
Unser Chauffeur zeigt uns stolz sein Bahrain.
Mit Mohammed erwischen wir einen Fahrer, in dessen Nähe wir uns wohlfühlen. Oft lächelt er gelassen in sich hinein und steuert den Wagen so sanft als beförderte er den Sultan persönlich. Nach der kleinen Aufregung am Schiff nehmen wir seine Gelassenheit gerne in uns auf und lauschen den fundierten Ausführungen.
Al Fatih Moschee
Als erstes steuern wir die Al Fatih Moschee im Norden Bahrains an. Die sunnitische Moschee ist die größte des Landes und bietet 7.000 Gläubigen Platz. Wir belassen es bei einem Foto-Stopp und sind froh, den klimatisierten Wagen nicht länger als unbedingt nötig verlassen zu müssen. Meine fälschliche Annahme, die Hitze im Orient sei wohltuend trocken, wird mir heute mit der vollen Wucht triefender Waschlappen um die Ohren gehauen.
Die Al Fatih Moschee
Die verschiedenen Sehenswürdigkeiten Bahrains liegen recht weit auseinander und sind nur mit einem Taxi erreichbar. Glücklich darüber, den Tag nicht in einer für die Region so typischen Mall oder gar an Bord verbringen zu müssen, schmiegen wir uns ins beigefarbene Toyota-Velours das uns auf so angenehme Weise Bahrain erkunden lässt.
World trade Center Bahrain mit Moda Mall
Vorbei am World Trade Center geht es zum Qalʿat al-Bahrain. Die historische Stätte ist ein ca. 300 x 600 Meter langer Ruinenhügel, der wohl lange der Hauptort der Insel war. Mittlerweile gehört Qalʿat al-Bahrain zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Qalʿat al-Bahrain
Bahrain ist eine Insel, die ihrerseits aus 33 Inseln besteht. Der King Fahd Causeway verbindet als 25 Km lange Brücke Bahrain mit Saudi Arabien. In der Mitte befindet sich das Middle Island mit Moschee, der King-Fahd-Causeway-Verwaltung, einem Mc Donalds Restaurant und dem Gemischtwarenladen Nakheel Market. In diesen entschwindet Mohammed mit einem kurzen „One Moment please.“, um uns kurz darauf mit leckeren Getränken zu versorgen. Ich probiere einen kühlen, mir völlig fremden jedoch unverschämt leckeren Lemon-Mind-Saft. Herrlich! Welcome to Bahrain.
Wir schweben über den King Fahd Causeway Richtung Saudi Arabien.
Mit Bahrain verbinden nicht nur Formel 1 Fans die Rennstrecke, den International Circuit. Der Parcours wurde eigens für den 2004 erstmals in Bahrain ausgetragenen Grand Prix gebaut und befindet sich ca. 27 km süd-westlich vom Zentrum Manamas entfernt.
Bahrain International Circuit
Auf der Rückfahrt zum Schiff, unweit der Ortschaft A’Aali, macht uns Mohammed auf seltsame Sandhügel aufmerksam. Diese scheinbar zufälligen Anhäufungen befinden sich direkt neben normaler Wohnbebauung und sind (festhalten!) mehr als 170.000 Gräber der größten und ältesten Grabeskirche Bahrains. Bestimmte Grabstätten stammen aus der Zeit der altertümlichen Dilmun-Zivilisation (3. Jahrtausend vor Christus).
Gräber der Dilmun-Zivilisation.
Zurück am Port Khalifa Bin Salman. Genauer gesagt vor dem Port Khalifa Bin Salman. Mit laufendem Motor parkend, lernen wir, dass persische fünf Minuten durchaus eine geschlagene Stunde dauern können. Wir warten auf jemanden, der unserem Taxi eine Genehmigung für die Strecke zum Schiff ausstellt. Seelenruhig telefoniert Mohammed immer wieder mal mit irgendwem, sagt mehrfach Wheelchair und wird vertröstest.
Nach einer Stunde stellt sich heraus, dass der für Genehmigungen zuständige Hafenkollege wohl schon im Feierabend ist und wir dürfen in langsamer Fahrt einem klapprigen Pritschen-LKW folgen, der uns zum Schiff geleitet.
Mit einem großzügigen Trinkgeld bedanken wir uns bei Mohammed insbesondere dafür, dass er so lange mit uns gewartet hat. Da hätte er mit seiner Zeit sicher etwas besseres anfangen können. Welcome to Bahrain!
Ausblick
Wir legen ab uns es geht Richtung Osten in das Sultanat Oman. Die Stadt Maskat wird mich in einer Weise überraschen, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte.
Wieder Schiff, wieder AIDA, diesmal Orient. Zunächst per Nachtflug mit Etihad entspannt von Frankfurt nach Abu Dhabi. Bordrollstuhl, freundliche Flugbegleitung. Essen komisch aber lecker. Im Flugzeug schmeckt ja alles irgendwie, sogar Tomatensaft. → Flugreisen mit Rollstuhl
Das kuschelige Etihad-Kopfkissen, die Wolldecke und nicht zuletzt das eintönige Brummen der Rolls-Royce-Triebwerke des Airbus A333 hatten mich in eine tiefe Trance versetzt. Jetzt werde ich kurz vor einem sagenhaften Sonnenaufgang über der Wüste wach. Der Himmel im tiefsten Schwarzbau, die Erde zunächst dunkelrot, später organge. So also sieht der Orient aus, wenn er sich den Schlaf aus den Augen reibt.
Landung um 6:20 Uhr bei 24 °C. Jacke und Pulli sind im Rucksack verstaut. Mit dem Taxi geht es zum Port Zayed, dem Hafen der nach Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan (Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate von 1971-2004) benannt ist.
9:15 Uhr ausgiebiges Frühstück auf der AIDAstella, danach Koffer auspacken und alle Viere von sich strecken. Die Rollstuhlkabine ist geräumig und ich komme bestens darin klar. Die Türen sind breiter und das Bad befahrbar. Leider verfügen nur die neuen Schiffe (AIDAprima, AIDAperla, AIDAnova) über barrierefreie Balkonkabinen.
Früh morgens im Port Zayed
An Bord der AIDAstella im Hafen von Abu Dhabi
Wo immer es geht, mache ich Ausflüge auf eigene Faust. Mir ist es unangenehm mit einer riesigen Gruppe unterwegs zu sein und von einem übermotivierten Reiseleiter dauerbeschallt zu werden, deutschsprachig versteht sich. Da lobe ich mir einen informativen schweigsamen Buch-Reiseführer und ein geräumiges Taxi. Einen Bus kann ich ohnehin nicht besteigen. Bisher habe ich nur richtig positive Erfahrungen mit individuellen Taxi-Touren gemacht und aus erster Hand jede Menge über Land und Leute gelernt. Findet sich der ein oder andere Mitfahrer, wird jede Tour zum Schnäppchen.
Der Taxifahrer bringt dich zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Steigst du aus, begleitet er dich oder wartet geduldig. Kosten ca. 30-40 Euro pro Stunde.
Zu viert machen wir es uns in Abdallahs großen Van bequem und brechen zu einer Tour durch das nächtliche Abu Dhabi auf. Den Preis verhandeln wir vor Fahrtantritt in Euro und es zeigt sich, dass sich Handeln grundsätzlich immer lohnt. Schnell sind mal 20 Euro gespart. Das nächtliche Abu Dhabi ist bunt illuminiert und wechselt alle paar Sekunden die Farbe. Überall changiert gerade irgendwas von blau nach grün oder rot. Wie kamen wir in Europa nur auf die langweilige Idee unsere Wahrzeichen weiß-gelb anzustrahlen?
Das nächtliche Abu Dhabi ist blau, grün und rot – in dieser Reihenfolge.
Emirates Palace Gate – Das Tor zum Palast
Wir befahren die großzügige Anlage des Hotels Emirate Palace und als Abdallah den Wagen schließlich vor dem gewaltigen Portal hält, werden uns die Türen geöffnet. Gerade so, als seien wir erwartet worden. Leck mich am Arsch, ich bin beeindruckt. Das erste Mal überhaupt befinde ich mich in einem Palast, der sich seine Bezeichnung verdient hat und erlebe einen dieser Kneif-mich-Momente für die ich das Reisen so sehr liebe.
Das staatliche Emirates Palace Hotel gilt als eines der eines der luxuriösesten Hotels der Welt und wird von der Hotelkette Kempinski geführt.
Der Emirates Palace
5-Sterne Luxus – Hotel Kempinski Emirates Palace
Gemälde von Sheikh Zayed bin Sultan Al Nahyan und Sheikh Khalifa bin Zayed Al Nahyan, dem Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate.
Abdallah hatte in seinem Taxi etwas Abseits geduldig gewartet bis alles bestaunt, bewundert und fotografiert war. Nun sind wir auf dem Weg zur Scheich-Zayid-Moschee. Es geht auf der vielspurigen, kilometerlangen Al-Khaleej-Al-Arab-Straße Richtung Süd-Ost. Die Moschee hat 82 Kuppeln und die gesamte Anlage ist von einer unglaublichen Schönheit. Besonders jetzt, wo alles so prächtig erstrahlt. Kneif mich mal.
Die Scheich-Zayid-Moschee – kneif mich mal.
Abdallah parkt seinen Van etwas umständlich auf dem riesigen Parkplatz direkt hinter der Landebahn 31 des Flugplatzes Al Bateen und schickt uns zum Eingang. Ein freundlicher Herr im Kaftan öffnet mir ein kleines gusseisernes Tor und zeigt mir einen stufenlosen Weg zur Moschee. Die Frauen bekommen zum Besuch der Moschee ausgeblichene braune Gewänder ausgehändigt. Umberto Ecos „Der Name der Rose“ kommt mir in den Sinn. Komisch, aber die Kapuzen-Gewänder macht unseren besuch irgendwie würdevoller.
Die Scheich-Zayid-Moschee verfügt über 82 Kuppeln.
Zweck der Kreuzfahrerei ist es ja möglichst viele Destinationen in kurzer Zeit zu erreichen. Wobei natürlich immer auch der Weg das Ziel ist. So habe ich mir ein schönes Plätzchen an der Reling gesucht und lasse mir bei der Ausfahrt aus dem Port Zayed einen fruchtigen Cocktail schmecken. Vorbei am gerade eröffneten Louvre Abu Dhabi. Auf nach Bahrain!
Louvre Abi Dhabi – Ein Museum der Superlative
Sonnenuntergänge auf See haben etwas Spektakuläres und verbreiten gleichsam eine andächtige Stille. Der ins Meer eintauchende glutrote Ball, befriedigt mich eigentümlich und weckt doch Sehnsüchte. Hach, nun bin ich wieder infiziert vom Kreuzfahrtvirus. Schlimm sowas!
Sonnenuntergang im Persischen Golf
Ausblick
Es geht nach Bahrain, dem Königreich aus 33 Inseln in einer Bucht in Persischen Golf zwischen Saudi Arabien im Westen und Katar im Osten.
Das ist mir wichtig
Als Mensch mit Handicap bist du möglicherweise auf der Suche nach relevanten Informationen, die dir bei der Einschätzung helfen, ob eine Kreuzfahrt für dich empfehlenswert oder machbar ist. In meinen Reiseberichten liest sich vieles sehr schön und unkompliziert. Und ja, es gibt im Internet viele enthusiastische Schilderungen von Rollstuhlfahrern auf See. Nun ist Mensch nicht gleich Mensch und Rollstuhl nicht gleich Rollstuhl. Kurz vor Weihnachten publiziere ich ein Kreuzfahrt-Rollstuhl-Spezial, das viele Fragen beantwortet. So bekommst du eine recht genaue Vorstellung von dem, was dich an Bord erwartet.
Schön, dass du da bist. Willkommen auf HandiCaptain.de!
Mach es dir bequem und schau dich in aller Ruhe um. Viel Spaß und neue Erkenntnisse wünsche ich dir.
Camping im Rollstuhl. Geht das? Interview für SWR3
Camping im Rollstuhl Geht das? Ja, das geht sehr gut! ☀︎⛳︎ SWR3 Push, 20.01.2024, Interview mit SABRINA KEMMER Wie barrierefrei sind Plätze in den Urlaubsregionen tatsächlich? Welche Erfahrungen habe ich gemacht und was ist mein Lieblingfeature in meinem Campingbus?
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